#1 Und wenn KI eine Blase ist?
Liebe Leserinnen und Leser,
was wäre, wenn die Entwicklung von KI so verliefe wie die des Internets? Dann würde KI bleiben, die Blase, wenn sie denn eine ist, aber würde platzen. Sehr viele Menschen würden auf diesem Weg sehr sehr viel Geld verlieren.
Diese Hypothese wurde zuletzt am pointiertesten in der New York Times diskutiert.
Zunächst ein Blick auf ein paar Fakten, die Hinweise auf die aktuelle Situation geben.
Zahlen, Daten und Fakten zum Thema
Mira Muriati, ehemalige OpenAI-Technikchefin, hat einige KI-Köpfe im Thinking Machines Lab versammelt und dafür 2 Mrd. Dollar eingesammelt; mit nichts als einem Pitchdeck. Führende Investoren wie Andreesen Horowitz führen den Reigen der Wettenden an.
Mark Zuckerberg gibt 9-stellige Beträge für Gehälter im Bereich KI aus, um das Rennen zu gewinnen und den Weg zum Kunden zu finden, der ihm durch Social-Media-Konkurrenz streitig gemacht wird. Er restrukturiert seine Einheiten, schüttelt die Organisation, schmeißt Menschen raus und besetzt um. Ob das Sinn macht oder nicht, soll hier gar nicht bewertet werden. Es zeigt aber, dass im Bereich KI gerade sehr viel im Fluss und sehr sehr wenig sicher ist.
In den KI Bereich fließen laut Schätzungen von Morgan Stanley 2029 3 Billionen Dollar; 3.000.000.000.000. Eine 3 mit 12 Nullen. Das sind umgerechnet 3.500 Elbphilarmonien oder 430 Berliner Flughäfen. Das bedeutet in KI allein fließt fast so viel Geld wie weltweit in alle Infrastrukturinvestitionen zusammen.
Laut Carlota Perez eine venezolanische Wissenschaftlerin wird jede Generaltechnologie von einem Absturz begleitet, bevor sie dann durch ihre volle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entfaltet. Das so Perez sei auch bei KI wahrscheinlich.
KI Unternehmen werden derzeit unglaublich bewertet. Das wird es schwer machen, diese Bewertungen jemals zu erfüllen, sei es durch einen Börsengang oder durch einen Verkauf. Das ist eine Hohe Bürde, denen sie hinterherjagen.
Blase oder keine Blase
Wenn es eine Blase ist, dann ist es eine sehr große und eine sehr undurchsichtige. Es macht den Eindruck wie an der Startlinie eines Ironman. Es ist klar, dass am Ende drei auf dem Podium stehen. Es ist aber auch klar, dass viele die Ziellinie nicht sehen werden. Um es auf KI zu übertragen, zitiere ich Sam Altman: "Someone is going to lose a phenomenal amount of money. We don't know who. And a lot of people are going to make a phenomenal amount of money … on the whole, this would be a huge net win for the economy."
Es ist also sehr viel Geld im Spiel und es sind täglich neue Player auf dem Spielfeld, die versuchen, ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Dabei geht es gerade nicht darum, Profit zu machen. Vielmehr werden Unternehmen, die keinen Profit machen, um Unternehmen gebaut, die keinen Profit machen. Das ist die Definition von “auf tönernen Füßen stehend”. Die Auswirkungen eines Platzens wären enorm. Tech-Aktien machen 35 Prozent des amerikanischen Börsenmarkts aus. Wenn KI den Bach runter geht, dann wird das Auswirkungen auf andere Aktion, auf Banken, auf Investitionen, auf Kreditvergaben, auf Pensionsfonds haben.
Was hieße das für traditionelle Unternehmen?
Aber Was hieße das für Unternehmen im deutschen Mittelstand, die ein echtes Geschäftsmodell verfolgen, Gewinne machen müssen, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bezahlen und Innovationen voranzutreiben? Unternehmen, die nicht auf wilde Wetten setzen, sondern auf seriöse Buchführung und Wertschöpfung.
Wie sollten Unternehmen mit KI umgehen?
Ich bin davon überzeugt, dass KI bleiben wird, auch wenn viele Unternehmen, Konzerne und Start-Ups verschwinden werden. Die Vorteile sind offensichtlich und der Nutzen ist es ebenfalls.
Deshalb sollten Unternehmen zwei Dinge tun: sich mit KI befassen, um die Dynamiken zu begreifen, einen eigenen Umgang damit zu entwickeln und um die Technologie zum eigenen Vorteil, für das eigene Unternehmen passend zu nutzen.
Wie sieht das konkret aus?
Sie sind Führungskraft, Entscheiderin, Geschäftsführer oder tragen gar ein "C" am Anfang ihres Jobtitels? Dann ist der Appell: Beginnen Sie mit KI zu arbeiten. Je höher Sie heute in der Führungsriege eines Unternehmens sitzen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Sie selbst mit KI herumspielen, um die Vorteile zu erleben. Führungskräfte sitzen in Meetings, diskutieren, prüfen, was ihnen vorgelegt wird und greifen steuernd ein. Das sind Aufgaben, die hochkomplex sind und die sich, Stand heute, kaum automatisieren lassen. KI entfaltet derzeit ihre Wirkung in den Prozessen einer Organisation. Diese erleben Führungskräfte oft nicht mehr.
Um eine neue Technologie zu verstehen, muss man sie begreifen. Und um sie zu begreifen, muss man mit ihr arbeiten. Transformation lässt sich nicht delegieren. Das ist Leitungsaufgabe. Und das war schon mit dem Aufkommen des Internets so. “Macht das mal!" Das funktioniert nicht.
Geben Sie ihren Mitarbeitenden Freiraum zum Testen und tun Sie das in der bestehenden Organisation, statt Innovation in Labore und Hubs auszulagern. KI hat die Macht, unsere Organisationen effizienter und schneller zu machen. Dieses Potenzial kann sich nicht entfalten, wenn es wie der Golem im Keller oder im Innovation-Lab eingesperrt wird. Das hat schon in den 2010er Jahren eher schlecht als recht funktioniert. Eine Studie des MIT zeigt, dass standardisierte KI-Nutzung per Dekret kaum oder nur schwer messbare Mehrwerte schafft. Wenn Mitarbeitende in bestehenden Organisationsstrukturen mit mehr oder weniger funktionierenden Prozessen ein ChatGPT-Abo bekommen, führt das nicht logischerweise dazu, dass Mehrwerte entstehen. Mitarbeiter müssten ihre Arbeitsprozesse überdenken und organisationelle Schnittstellen aufbrechen oder anpassen. Das ist eine hohe Anforderung. Geben Sie stattdessen einigen, die wollen, Tools an die Hand. Bilden Sie aus und lassen Sie die Leute experimentieren. Dann entstehen Konzepte und Ideen, die skalieren, die gut funktionieren. Ein bisschen wie beim Anzünden eines Lagerfeuers muss man vorsichtig hineinpusten, immer ein wenig nachlegen und die Flamme am Leben halten.
Denken Sie in die Zukunft. KI steht hier nur exemplarisch für einen Transformationstreiber, der Ihr Unternehmen mehr oder weniger betreffen kann. Analysieren Sie Transformationstreiber, die Ihr Unternehmen und Ihr Geschäftsmodell stressen oder nutzen können. Planen Sie für die Zukunft, indem Sie sich eine Sicht auf mögliche Zukünfte erarbeiten. Das kann unschöne Erkenntnisse mit sich bringen. Ich würde immer dazu raten: Vermeiden Sie , überrascht zu werden. Wenn Sie wissen, was kommen könnte, können Sie mit Ihren Teams daran arbeiten, was kommen sollte. Das ist ein strategischer Vorteil. (Bei areto.strategy bieten wir schnelle Einstiege in die Arbeit mit Zukunftszenarien bis hin zu Begleitung von Transformationsprozessen)
KI wird langfristig bleiben. Davon bin ich überzeugt. Aber es wird nicht alles andere verschwinden. Deshalb sollten wir KI intensiv verproben und dort einführen, wo es jetzt schon absehbar Sinn macht. Wir sollten das klug tun und die Erfahrungen nutzen, die wir in der Digitalisierungsära gesammelt haben.
Was man sonst noch klicken kann:
Der Onlinehandel muss sich mit KI als neues Frontend befassen. Was das bedeutet und welche Herausforderungen das für die Händler mit sich bringt, wird hier in der FAZ beschrieben.
Macht uns KI dümmer? Wissenschaftler haben ein Experiment gemacht, um zu schauen, wie sich die Nutzung von KI auf unser Hirn auswirkt. Dem Experiment nach gibt es Hinweise darauf, dass es unsere Hirnaktivität nicht eben verbessert. Das ist alles noch nicht hinreichend erforscht. In jedem Fall gilt es achtsam zu sein. Wir dürfen in der breite der Gesellschaft das selbst Denken nicht verlernen, obwohl KI uns jederzeit die Abkürzung zu “Key Facts” und "Zusammenfassungen” bietet.
Und wenn man sich fragt, warum der Sommer so trocken ist: Daran liegt es. Nur mal so!
Optimistische Grüße